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Gründungsstory I: Auf der Suche nach einer Idee

Gründungsstory I: Auf der Suche nach einer Idee

Nachdenken. Dazu gab es dieser Tage ausreichend Anlass. Das Studium war beendet und man befand sich in einer dieser Lebensphasen, in der Entscheidungen über die berufliche Zukunft nötig sind. Mochte ich nicht, aus Angst vor „Fehltritten“. Klar, man kann hinterher immer Kurskorrekturen vornehmen und zu spät, um irgendetwas neu anzufangen, soll es ja eh nie sein, dennoch fiel es mir schwer. Die Frage war, direkt in den Job, Angestellter sein, im Unternehmen die Karriereleiter hochklettern, es zumindest versuchen, und schnell mehr verdienen als ich es je getan hatte. Oder aber gründen, eine Idee umsetzen, sich verwirklichen und das Schicksal selbst in die Hand nehmen. Dafür allerdings auf ungewisse Zeit mit den selben schmalen Ressourcen der vergangenen Jahre auskommen. Das studentische Portemonnaie gibt bekanntermaßen nicht allzu viel her. Man kann die Frage auch anders formulieren: sicherer Job oder mit 50-80 %iger Wahrscheinlichkeit scheitern. Die Antwort war klar: gründen! Was genau, wusste ich noch nicht. Ideen hatte ich viele. Sich ein halbes Jahr Zeit nehmen und es zumindest versuchen. Nicht erst die “Lebensqualität” erhöhen durch einen Job. Sich von diesem Komfort wieder zu lösen, würde sehr schwer werden. Daher war dies der richtige Zeitpunkt. Außerdem empfand ich schon immer eine große Faszination für Gründungsgeschichten, Unternehmerpersönlichkeiten und den Prozess, eine Idee in die Tat umzusetzen. Ich könnte den Job an der Uni aufstocken und mehr auflegen (Musik und so) um zunächst über die Runden zu kommen. 

 

 Vor drei Monaten hatte ich diese Entscheidung getroffen. Im Laufe der Zeit stellte sich allerdings heraus, dass es gar nicht so einfach war, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Zweifel kamen auf. Hätte ich doch den konventionelleren Weg wählen sollen? Uni, dann Job. Man muss wissen, es kann ermüdend sein, den lieben langen Tag mit Internetrecherchen zu verbringen, um das Potenzial einer Idee zu ermessen. Man surft so vor sich hin, ohne konkretes Ziel und ist ständig, wo man auch hinsieht, dieser Ablenkung ausgesetzt. Prokrastination nennt sich das. Welche riesigen volkswirtschaftlichen Schäden das moderne Informations- und Unterhaltungsangebot im Internet wohl mit sich bringt? Wer kennt es nicht: sollte ich vielleicht doch einen Blick in den amüsanten Postillion Artikel “Mann fährt Kleinwagen, um seinen riesigen Penis zu kompensieren” wagen? Oder doch der vielversprechenden Überschrift „25 pictures that will change the way you are thinking“ nachgehen? Tage verstrichen auf der Jagd nach einer umsetzbaren Idee. Teilweise war ich um 07:00 Uhr morgens aufgestanden, um einem wie ich fand, genialen und einzigartigen Einfall nachzugehen, nur um wenige Momente später festzustellen, es gab ihn bereits. Für jemanden, der sich morgens so fühlt, als sei er nach einer Vollnarkose durch einen Schlag in die Fresse aufgeweckt worden, doppelt ärgerlich. Ich hatte viele Ideen gehabt in den vergangenen Monaten, manche gut, andere eher zum Lachen.

 

In der Idee leben heißt, das unmögliche behandeln, als wenn es möglich wäre.

Da war zunächst einmal die Veggie Abo-Box gewesen. Die war ganz gut. Ein monatlicher Vorrat an vegetarischen Lebensmitteln, inklusive Kochideen, direkt in die Wohnung. Man müsste nur noch solche Zutaten für die vorgeschlagenen Gerichte kaufen, die man eh immer im Supermarkt holt und zack – hat man ne anspruchsvolle vegetarische Mahlzeit. Doch irgendwo zwischen dem Versuch einen Fulfillment-Anbieter mit gekühltem Lager und Versand zu finden und der Feststellung, dass die Marge bei Tofu und Co. im unteren Cent-Bereich lag, kam mir eine Idee, die man doch eher zu den lachhaften zählen sollte. 

Ich wollte eine Designer-Lampe entwickeln. Ja genau, Designer-Lampe. Als M.A. „Sustainability Economics and Management“ (mit Schwerpunkt Eco-Entrepreneurship…wichtiiiig) war ich auf die wahnwitzige Idee gekommen, mich ernsthaft mit der Umsetzung eines solchen Projektes zu beschäftigen, ohne auch nur einen blassen Schimmer von Design, geschweige denn Lampen-Design zu haben. Aber warum? Ich hatte kürzlich eine dieser Lampen mit diesen riesigen Glühbirnen, die mit dem Wolframdraht drin, gesehen. Für 75 Euro das Stück! Das klang nach viel Marge, nicht nach Tofu. Ich recherchierte also, wo die herkamen. Ah, China! Und die waren günstig da. Wenn ich 500 Stück bestellen würde, weniger als 5 Euro. Cool, aber China?! Doch auch das konnte meine Euphorie zunächst nicht bremsen. Ich dachte mir, ich könnte die Dinger ja auch für 75 Euro verkaufen und daraus jeweils eine kleine solarbetriebene Glühbirne in einem Entwicklungsland finanzieren. Rural energy supply at it’s best! Lächerlicherweise gab es Momente, in denen ich irgendwie stolz war auf die Idee. Man stelle sich vor: ich, mit einer eigenen Designerlampe, die ich verkaufen würde, um damit quasi Licht an dunkle Orte auf der anderen Seite der Welt zu spenden. Toll, oder? Das Problem war nur, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich das designen sollte. Einige Entwürfe auf dem Papier und das Feedback meiner Freundin machten schnell deutlich: ich hatte kein Talent! Doch ich hatte was über einen griechischen Designer gelesen, der coole Lampen machte. Ich schrieb ihn an, der festen Überzeugung, ich würde nun die Welt retten und uns beide ein bisschen reicher machen. Er schrieb tatsächlich zurück. Aus heutiger Sicht bin ich ihm sehr dankbar dafür, dass er es verstand, mich mit seiner Antwort auf freundliche aber unmissverständliche Weise zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen. Es sei schwer, solche Designer-Lampen loszuwerden, sagte er. Nicht mal 100 Stück in einem Jahr schaffe er. Zeit hätte er auch nicht, um da was mit mir zu machen. Schweren Mutes und zwei weitere Wochen Recherche später gab ich die Idee auf. 

Ich glaube danach kam die Vinho Verde Idee: der ist in Portugal günstig und hier recht teuer. Also Direktvermarktung. Vom Bauern zum Kunden. Ich mit einem Online-Vertriebsportal dazwischen. Könnte klappen, immerhin gibt es doch diese Typen, die dasselbe mit Orangen machen. Kann ich auch, dachte ich! Mal schauen, ob es sowas schon gibt. Oh…ja. Ziemlich viel sogar. Naja…doch kein Direktvertrieb mit Vinho Verde. Hat auch ehrlich gesagt nix Nachhaltiges. Es folgten Ideen von nachhaltigen Kaffeebechern, über öffentliche Trinkwasserspender bis hin zu einer QR-Code basierten App, um überflüssige Werbung mit einem Klick abzubestellen. Und der Klassiker war auch noch dabei: ein eigenes Hostel. Natürlich nachhaltig, also Mobiliar nur aus up- und recycleten Materialen, vegetarisches Essen, Solaranlage etc. Viele Ideen, aber bis dahin keine umgesetzt. Ich fragte mich zwischendurch, wieso ich immer an diese Stelle kam, wo der Prozess anfing zu stottern, wie ein Automotor dem das Benzin ausgeht. Der stottert, keucht, versucht es erfolglos nochmal und kommt dann zum Stehen. So wie mit diesen ganzen Ideen. Man hört irgendwann einfach auf, weil der Aufwand zu groß erscheint, genau wie das Risiko und das nötige Kapital. Doch eines Abends, ich stand an der Bushalte stelle und wartete, kam mir ein Gedanke.

Screw It, Lets Do It!

Ich hatte doch diese wunderschönen bunten afrikanischen Stoffe aus Tansania mitgebracht. Ich war schon während meines Aufenthalts in Dar es Salaam immer fasziniert gewesen von den vielfältigen, farbenfrohen Mustern. Und meine Freundin liebte die auch. Ich wurde sogar mehrfach gefragt, wo man die herbekomme. Vielleicht könnte man die importieren? Ist wahrscheinlich eh wieder nur so ne Schnapsidee, wie ich sie so oft habe. Mittlerweile wusste ich ja, dass ich in einem solchen Moment, ich würde mal sagen, etwas übermotiviert bin. Am liebsten lasse ich alles stehen und liegen um sofort zu prüfen, ob man die Idee umsetzen kann. Erfahrungsgemäß kann das auch mal ein paar Wochen dauern. 

Noch während ich damals an der Haltestelle stand, zückte ich mein Handy aus der Tasche, um nachzuschauen, ob es im Internet schon jemanden gab, der die Stoffe aus Afrika importierte. Schön waren sie. Bunt. Eigentlich total passend zu aktuellen Modetrends. Alles wurde irgendwie immer bunter. Außerdem fingen viele Leute in meiner Umgebung an, Näh-Sessions zu organisieren, ganz im Sinne der DIY-Kultur, die ich selbst ja auch voller Spannung verfolgte. Die waren immer auf der Suche nach schönen Stoffen. Ein erster Blick auf die Suchergebnisse machte schnell deutlich, es gab ein paar kleinere Anbieter. Onlineshops, die aber aus den 90er Jahren zu sein schienen. Null ansprechend und kein bisschen vertrauenserweckend. Wer würde auf so einer Seite gerne Geld ausgeben wollen? Es schien sich auf jeden Fall zu lohnen, die Idee weiter zu verfolgen.

Mir war klar, dass dies keine innovative Geschäftsidee war. Es war kein groß skalierbares Modell mit dem man sofort eine Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft oder viel Geld realisieren könnte. Aber was mir durch den Kopf ging war eine Idee, die das Potenzial hatte sich ohne großes Risiko, ohne großen Kapitalaufwand und ohne komplizierte Technologien und Kompetenzen, über die ich nicht verfügte, umsetzen zu lassen. Ein weiteres „Screening“ der Idee war es alle Mal wert und es sollte sich zeigen, dass es ein ernsthaftes Problem gab, das es zu lösen gilt: das Große Sterben der afrikanischen Textilindustrie!

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